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erstellt: 05.06.2002
Update: 06.11.2013 Extra-BlattNigeria ConnectionE-Mails mit kriminellen Absichten
Bereits seit Jahren werden Faxe und E-Mails (mehr oder weniger) gezielt versandt, in denen mit einem Betreff wie „Confidential Business Proposal“ Millionen von Dollar versprochen werden. Dazu wird eine erfundene Geschichte erzählt (z.B. hohe Erbschaft), die sich meist in Nigeria (oder einem anderen, meist afrikanischen Land, aber auch z.B. Asien oder Ex-Jugoslawien) zugetragen haben soll. Meist soll irgendwer gestorben sein und viel Geld hinterlassen haben oder es soll bei einem Geschäft Geld übrig geblieben sein. Der Absender gibt sich oft als Erbe, Bank- oder Regierungsangestellter aus und wendet sich vorgeblich hilfesuchend an den angeblich als seriöse Geschäftsperson bekannten Empfänger und bittet ihn, sein Bankkonto für die Transaktion des Geldes zur Verfügung zu stellen. Er soll dafür einen prozentualen Anteil an dem Geld erhalten, das auf diese Weise (illegal) außer Landes geschafft werden soll. Es handelt sich regelmäßig um einige Millionen Dollar, die es dabei zu verdienen geben soll. Solche zweifelhaften Angebote erfolgen nicht nur per E-Mail und Fax, auch die klassische Briefpost ist schon immer ein üblicher Zustellweg gewesen. Seit einiger Zeit erhält man solche "Geschäftsangebote" auch in sozialen Netzwerken wie Facebook, Chat-Räumen, Foren, Gästebüchern und Partnerbörsen oder auch als Antwort auf Angebote bei Auktionsplattformen (eBay, Auto- oder Immobilienbörsen, ...) – die Täter gehen mit der Zeit. Es handelt sich hierbei nicht um Kettenbriefe sondern um direkt verschickte Botschaften, im Grunde um Spam. Eine weitere Masche dieser Täter sind angebliche Lotterie-Gewinne. D.h. die potenziellen Opfer erhalten eine E-Mail, in der sie über einen (angeblichen) hohen Gewinn in einer Lotterie informiert werden. Die Lotto-Gesellschaft wird in den Mails oft in den Niederlanden angesiedelt, aber gerne auch in Spanien oder Großbritannien. Nicht selten werden auch Daten (etwa Namen und Gewinnquoten) aus tatsächlichen Lotterien benutzt, die allerdings nicht mehr aktuell sind.
Love Scams: Zu den Geschichten, die offenbar vielen potenziellen Opfern, gerne älteren Männern, das Herz und die Brieftasche aufgehen lassen, gehören die von jungen, verwaisten Frauen. Sie suchen vorgeblich jemanden, der ihnen hilft außer Landes zu kommen, etwa nach Europa. Häufig, aber nicht immer, wird vorgegeben, es sei reichlich Geld vorhanden, sie käme nur nicht daran, weil es bei einer "Sicherheitsfirma" hinterlegt sei. Diese Frauen existieren nicht – in aller Regel werden diese Mails von Männern verfasst. Auch anders herum funktioniert dieses Spiel: junge Männer schleichen sich über Brieffreundschaften in die Herzen meist schon etwas älterer Frauen. Im Laufe einer heißen Online-Affäre bitten sie früher oder später um Geld – erst kleinere Beträge, dann immer höhere. Wer da nicht frühzeitig die Reißleine zieht, kann sich durchaus ruinieren. Diese Varianten werden auch als "Love Scams" bezeichnet. Auch hier geht es nur darum von den Angeschriebenen eine Vorabgebühr zu kassieren – weiter nichts. Nicht sicher ist, ob alle diese Mails mit solchen Gewinn-Benachrichtigungen tatsächlich der 'Nigeria Connection' zuzurechnen sind oder es sich teilweise um ganz andere Tätergruppen handelt. Zumindest ein Teil dieser Mails kommt jedenfalls direkt aus Nigeria. Fest steht allerdings, dass es dabei für die Empfänger der Mails nichts zu holen gibt (im günstigsten Fall eine erhöhte Telefonrechnung). Man kann nur Geld verlieren. Seit Sommer 2002 ist zunehmend eine Tendenz zu beobachten, dass die Täter sich von den klassischen Geschichten hin zu neuen Varianten orientieren, die speziell auf bestimmte Zielgruppen abgestimmt sind. Dazu gehören Stories, die einen sehr gläubigen christlichen Hintergrund mit angeblich humanitären Absichten vortäuschen sollen, ebenso wie vorgebliche Hinterlassenschaften von Flugzeugabstürzen in aller Welt, inkl. des Lockerbie-Attentats Ende 1988 in Schottland oder der Anschläge am 11. September 2001 in den USA. Auch Simbabwe und die Balkan-Staaten (Ex-Jugoslawien) werden gerne mal für angebliche Hintergründe der falschen Geschichten verwendet, selbst vor Holocaust-Opfern wird nicht Halt gemacht [Beispiel]. Neueren Datums sind Geschichten, die den Irak-Krieg, den Tod Yassir Arafats oder die Affäre um die russische Firma Yukos Oil zum Thema haben. Man ist sich offenbar dessen bewusst, dass beim Stichwort 'Nigeria' bei einer zunehmenden Zahl potenzieller Opfer die Alarmglocken schrillen. Gerne werden auch Online-Referenzen angeben, d.h. Artikel in Online-Medien, die die jeweilige Geschichte bestätigen sollen. Diese bestätigen jedoch bestenfalls allgemein die als Hintergrund verwendeten Ereignisse. Gerne geben sich die Täter auch als Behördenvertreter aus, die die Angeschriebenen als vorgebliche Opfer der Nigeria Connection zu ihrem vermeintlichen Recht (sprich: Geld) kommen lassen wollen. So werden etwa E-Mails verschickt, in denen sich der Verfasser als FBI-Mitarbeiter vorgestellt [Beispiel aus 2/2011]. Letztlich sind jedoch alle diese Geschichten Variationen desselben Themas und laufen doch wieder darauf hinaus
von den Opfern vorab hohe Beträge zu kassieren, mit der trügerischen Aussicht auf weitaus höhere Gewinne. Einige typische Merkmale der klassischen Nigeria-Mails sind:
Mit dem Empfang einer solchen E-Mail (oder Brief, Fax) sollte die Geschichte besser gleich wieder enden,
denn eine Fortsetzung wäre wenig erbaulich - sie endet regelmäßig mit einer finanziellen und
persönlichen Katastrophe. Bereits die Angabe der eigenen Bankverbindung kann u.U.
genügen, damit die Täter das Konto leer räumen können. Hier geht es nicht um vergleichsweise 'harmlose' Viren oder Würmer, auch nicht um mehr oder weniger schlimme Scherze, die mit den Adressaten getrieben werden. Es geht vielmehr um kriminelle Machenschaften, in die die Adressaten nicht nur als Opfer sondern zum Teil auch als Täter hineingezogen werden sollen. Letzteres wäre allerdings nur der Fall, wenn die Angaben in den Mails zutreffen würden. Dem wachen Verstand des aufmerksamen Lesers sollte sich bereits beim Lesen einer solchen Mail zumindest der Verdacht aufdrängen, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Wer sich auf die Aktion einlässt, zeigt damit erhebliche kriminelle Energie, die durch Geldgier geweckt wird. Häufig geht es nämlich (zumindest dem beabsichtigten Anschein nach) um Gelder, die (z.B.) dem Staat Nigeria gehören und der Absender gibt sich als Staatsdiener oder Anwalt aus. Diese Praxis ist keineswegs neu, sondern bereits seit über 30 Jahren üblich. Etwas neuer (1990er Jahre) ist lediglich, dass die Täter ihre Opfer im grossen Stil per E-Mail suchen und es nur noch darum geht, von diesen Geld als 'Vorschuss für Auslagen' zu erhalten. Insbesondere in den 70er und 80er Jahren des 20. Jh. ging es auch um Produktpiraterie, d.h. es wurden unter dem Vorwand der Lizenzproduktion in Afrika Warenproben angefordert und einige Zeit später wurden nachgeahmte Produkte -ohne Lizenz- in Afrika hergestellt und vertrieben. Das gibt es heute auch noch, spielt jedoch anteilmäßig eine untergeordnete Rolle. Antwortet man auf die Mail (bzw. Fax) in der geforderten Weise, wird einer der nächsten Schritte der Täter darin bestehen, für die Abwicklung der Transaktion sowie notwendige Bestechungsgelder einen Vorschuss zu erbitten, der im Vergleich zu der zu erwartenden Summe gering ist, jedoch durchaus einige tausend US$ betragen kann. Geht der nunmehrige Mittäter darauf ein und überweist das Geld, endet die Geschichte meist an dieser Stelle -- das Geld ist weg, dessen Empfänger auch. Eine Fortsetzung gibt es allenfalls, um weitere Zahlungen für immer neue gefälschte 'Dokumente' zu ergaunern. Es handelt sich also um das auch hierzulande (siehe Angebote für Nebenjobs im Kleinanzeigenteil von Zeitungen) bekannte Delikt des 'Vorschuss-Betrugs' (engl. "Advance Fee Fraud"), nach dem entsprechenden Artikel im nigerianischen Strafgesetzbuch auch '419-Fraud' genannt. Schlimmer trifft es diejenigen, die gebeten werden, den 'Vorschuss' persönlich nach Nigeria zu bringen (bzw. das viele Geld dort abzuholen). Sie werden nicht nur des Geldes beraubt, sondern oft auch als Geisel genommen und nur gegen Lösegeld wieder frei gelassen. Auch in Europa werden vorgebliche Geldübergaben oder die Unterzeichnung angeblich wichtiger Dokumente inszeniert, regelmäßig nur mit dem einen Ziel, die Opfer zu betrügen. Bevorzugte Orte sind u.a. Amsterdam, London und Madrid, wo möglicherweise Mittäter europäischer Herkunft sitzen. Was sich nach einer sehr abenteuerlichen Geschichte anhört, ist nahezu tägliche
Realität der Polizeibehörden in Europa und Afrika. Betroffene sollten sich an die
deutsche Polizei
und / oder die Botschaft des jeweiligen (meist afrikanischen) Landes wenden. Sie erhalten zwar ihr Geld nicht
wieder, geben aber u.U. wertvolle Hinweise, die gelegentlich auch zur
Ergreifung solcher Täter führen können. Es gibt sogar einen Selbsthilfeverein der derart Geneppten (Adresse auf Anfrage erhältlich). Es muss dringend davor gewarnt werden, auf solche Angebote einzugehen, es stecken praktisch
immer Kriminelle dahinter. Mehr dazu:
Ich habe bereits vor Jahren im Hoax-Info Newsletter auf diese betrügerischen Machenschaften hingewiesen, siehe Ausgaben 4/2000 und 2/2001. |